Unterhalt und Unterhaltsvorschuss

Hallo ihr Lieben,

ich bin Mama eines mittlerweile sechsjährigen Sohnes, von meinem Ex-Mann und Vater des Kindes geschieden. Da wir beim Thema Unterhalt nun vor Schwierigkeiten stehen, möchte ich euch erstmal um Rat und Informationen bitten, bevor ich mich ans Jugendamt wende.

Folgende Situation:
Wir haben das gemeinsame Sorgerecht, unser Sohn lebt bei mir. Einen Nachmittag pro Woche und jedes zweite Wochenende ist er bei seinem Vater, sofern dieser denn Zeit für ihn hat. Das Verhältnis insgesamt ist freundlich, aber oberflächlich und nicht von Verlässlichkeit und Vertrauen geprägt.
Seit wir uns 2019 getrennt haben, zahlt mein Ex-Mann regelmäßig Kindesunterhalt nach der damaligen Höhe der Düsseldorfer Tabelle. Er hatte damals nur ein geringes Einkommen in Höhe von etwas mehr als 1.400 € netto, wie es mittlerweile ist, kann ich nicht sagen. Die jährlichen Erhöhungen habe ich deshalb auch nicht von ihm verlangt.
Im März ist unser Sohn nun 6 Jahre alt geworden, kommt dieses Jahr zur Schule und natürlich steigt auch sein Bedarf. Daher hatte ich mich schon frühzeitig mit meinem Ex verständigt, dass der Unterhalt dieses Jahr angepasst werden müsste. Er war damit einverstanden, ab dem 6. Geburtstag den jetzt gültigen Satz von 426€ zu zahlen und meinte, er hätte sich dazu mit dem Jugendamt verständigt, sie würden einen Vorschuss zahlen, "das klappt schon so". Mir war natürlich klar, dass er nicht mit dem Jugendamt gesprochen hatte.
Als nun im April wieder der bisherige Betrag überwiesen wurde, fragte ich bei ihm nach. Er meinte wieder, er hätte nochmal mit dem Jugendamt gesprochen, ich müsste Unterhaltsvorschuss geltend machen, weil er es sich nicht leisten kann, mehr zu bezahlen. Das Jugendamt würde das auch nicht von ihm zurückfordern, weil er so wenig verdient, dass es quasi als Sozialleistung (?) angesehen wird. Ich selbst müsste mich nun ans Jugendamt wenden, den Unterhalt berechnen lassen und den Vorschuss beantragen.

So weit, so gut. Da mein Ex leider nicht unbedingt ein ehrlicher Mensch ist, zweifel ich den Wahrheitsgehalt seiner Aussagen aber etwas an, falls er sich überhaupt mit dem Jugendamt in Verbindung gesetzt hat. Ich denke eher, er versucht mich hinzuhalten, um "aus der Nummer raus zu kommen".

Daher meine Fragen an euch:
1. Wenn der Unterhalt seinen Selbstbehalt übersteigt, zahlt das Jugendamt dann tatsächlich die volle Differenz als Unterhaltsvorschuss?

2. Ist ein "Aufstocken" mit Unterhaltsvorschuss überhaupt möglich, oder tritt der Vorschuss dann anstelle seines eigentlichen Unterhaltes?

3. Ist es tatsächlich möglich, dass das Jugendamt den Unterhaltsvorschuss von ihm nicht zurückfordert? (Versteht mich nicht falsch, das wäre mir persönlich egal. Aber ich bin mir sicher, dass sie es zurückfordern und das wäre sehr zum Nachteil für meinen Ex-Mann.)

4. Ich lebe mittlerweile wieder in einer neuen Partnerschaft, wir wollen im kommenden Jahr heiraten. Kann ich dann überhaupt einen Unterhaltsvorschuss beantragen? Habe gelesen, dass dies dann nicht mehr möglich ist. Und wenn es nicht möglich ist, bin ich dann sozusagen diejenige, die den fehlenden Kindesunterhalt "ausgleichen" muss oder gibt es da noch andere Möglichkeiten?

Bitte versteht mich nicht falsch, wenn es in meinem Text so rüberkommen sollte, als würde es mir nur ums Geld gehen. So ist es nicht. Aber mein Ex versteht seinen Teil des Sorgerechts tatsächlich als reines Recht, nicht auch als eine Sorgepflicht. Er nimmt unser Kind, wann es ihm passt, und wenn nicht dann nicht. Wenn er krank ist oder unser Kind, dann nimmt er ihn nicht. Niemals hat er einen Tag kindkrank gemacht, seine Arbeit ist immer wichtiger. Er schränkt sich auch nicht für unseren Sohn ein, sondern schleppt ihn mit zu seinen Hobbys und Veranstaltungen, wenn er bei ihm ist. Er hat ihn mir auch schon nach zwei Tagen Urlaub (von vereinbarten fünf) zurück gebracht, weil er am nächsten Tag mit seinem Kumpel in den Cluburlaub fliegen wollte. Aber er prahlt sehr gerne damit, was für ein toller Vater er ist. Kurzum, seine einzige Sorgepflicht besteht tatsächlich darin, unserem Kind Unterhalt zu bezahlen und davon möchte ich ihn nicht auch noch entbinden, auch nicht teilweise.

Ich hoffe, ihr könnt meine Situation etwas verstehen und habt vielleicht Antworten oder Ratschläge.
Vielen Dank!

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Hallo.

Zu 2.)
Mein Ex-Mann hat damals 60,- Euro pro Kind Unterhalt bezahlt. Den Rest bis zur eigentlichen Unterhaltsvorschusshöhe habe ich von der Unterhaltsvorschusskasse bekommen.
Unterhaltsvorschuss bekommt man aber frühestens ab dem Monat der Antragstellung - rückwirkend ist da leider nichts.

Zu 3.)
Mir wurde zwecks Rückforderung damals gesagt:
"Wer zahlungswillig, aber nicht zahlungsfähig ist, häuft keine Schulden an, weil es nicht zurück gefordert wird. Wer zahlungsfähig jedoch zahlungsunwillig ist, bei dem wird zurück gefordert."
Wenn dein Ex also wirklich nicht mehr zahlen kann, dann macht er keine Schulden. Wenn er dich belogen hat, kann es dir eigentlich egal sein.

Zu 4.)
Unterhaltsvorschuss gibt es nur so lange, wie du nicht wieder verheiratet bist. Natürlich kannst du jetzt noch Unterhaltsvorschuss beantragen. Bekommst es aber längsten bis zur Hochzeit (oder bis dein Sohn 18 ist). Nach der Hochzeit bleibt der KV zwar unterhaltspflichtig, wenn er aber einfach nicht zahlt oder zu wenig zahlt, musst du dich mit ihm auseinandersetzen und bis zur Einigung selbst finanzieren.

Zum Umgang)
Mein Ex-Mann war auch so - Kinder nur nehmen, wie es ihm passte. Entweder, du arrangierst dich damit oder du musst es gerichtlich regeln lassen. Ich glaube, ein Hoffen, dass er von selbst zuverlässiger und empathischer wird, ist eher zwecklos.


Ich wünsche dir alles Gute.

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Ich würde eine Beistandschaft beim Jugendamt einrichten lassen. Dann berechnen die den Unterhalt. Da kann auch rückwirkend zu wenig gezahlter Unterhalt gefordert werden ab dem Tag an dem dein Ex zur Erziehung des Unterhalts aufgefordert wurde. Diese Aufforderung hast du hoffentlich schriftlich.

Dann berechnen die und er muss alle Unterlagen dort einreichen. Die bekommst du dann zwar nicht zu sehen, aber das Jugendamt ist da recht gründlich. Der Unterhaltszahler kann keine Berechnung beim Jugendamt einfordern. Daher glaube ich, dass er Blödsinn erzählt.

Je nachdem was für ein Zahlbetrag bei der Berechnung raus kommt, kann dann sicher zusätzlicher Unterhaltsvorschuss beantragt werden. Oder einfach beim Jugendamt Nachfrage, ob es Sinn macht das parallel zu machen oder die dann gleich berechnen zu lassen.

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Da er nur 1400 Euro verdient, muss er eigentlich gar nichts zahlen. Er liegt unterm Selbstbehalt.

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Damals ja. Vielleicht hat sich das geändert. Deswegen wäre eine Neuberechnung, also eine Einforderung seiner Einkommensnachweise sinnvoll. Wenn er nicht zahlungsfähig ist, dann bekommt sie Unterhaltsvorschuss.

Ich verstehe das Kommentar gerade nicht...

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Ich würde die Sache von einer Anwältin regeln lassen bzw. gerichtlich. Dann hast du einen Titel, mit dem du auch pfänden könntest in zig Jahren…

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Eine Titulierung ist auch über das Jugendamt möglich und da ist die Unterhaltsberechnung dann kostenlos für die TE. Ein Anwalt kostet eben auch Geld.

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Eine freiwillige Titulierung geht übers Jugendamt. Weigert der Alb sich, diesen Titel zu unterschreiben, dann läuft es vor Gericht!

Und genau das würde ich so oder so in diesem Fall hier machen.

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Ich danke euch zunächst erst einmal für eure Antworten und Ratschläge!

Ich habe mich nun beim Jugendamt informiert und den Sachverhalt geschildert. Das Ergebnis ist aber eher ernüchternd. Ich kann einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss stellen, das Jugendamt würde dann bis zum Betrag von 301€ aufstocken, in meinem Fall wären das 17€. Im kommenden Jahr, wenn ich wieder verheiratet bin, entfällt der Unterhaltsvorschuss dann. Sollte im Zuge der Unterhaltsberechnung allerdings rauskommen, dass mein Ex jetzt schon mehr bezahlt, als er sich "leisten" kann, müsste er künftig dann weniger oder schlimmstenfalls gar nichts mehr zahlen. Ich würde dann also alleine auf allen Kosten sitzen bleiben. Das ist doch wirklich nicht fair.

Ich überlege nun, mich doch erst einmal anwaltlich beraten zu lassen. Aber der wird mir am Ende sicherlich auch nichts anderes sagen können... Ich bin echt ratlos...

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Das kannst du gerne tun, aber wenn dein Ex nicht genug Einkommen trotz Erwerbstätigkeit hat, dann wird das auch nichts bringen. Dann kannst du dankbar sein, dass er bisher bezahlt hat.

Was für ein Einkommen hast du denn? Könntest du selbst aufstocken? Dein Sohn ist ja nun in einem Alter wo man durchaus arbeiten gehen kann.

Wie wichtig ist euch das heiraten?

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Ich selbst habe wieder angefangen Vollzeit zu arbeiten, als mein Sohn ein Jahr alt war. Seit dem zweiten Kind arbeite ich nur noch 30 Stunden, anders ist es mit den Kindern, dem langen Arbeitsweg (knapp 10 Stunden pro Woche), Haushalt, Hof, Grundstück und Tieren aber auch nicht machbar.

Es kann doch wirklich nicht die Lösung sein, dass ich als Mutter, die mit der gesamten Care-Arbeit, den vielen Terminen und der ohnehin schon großen Freizeiteinschränkung (die Kinder nun eben mal mit sich bringen) sowieso schon den viel größeren Teil der Sorgepflicht trägt, dann auch noch die Stunden auf Arbeit aufstocken soll, um das Defizit an Unterhalt auszugleichen? Während der leibliche Vater drei mal im Jahr in den Urlaub fährt und genügend Geld neben seinem Gehaltszettel bekommt, womit er sich den Unterhalt auch leisten könnte, wenn er wöllte. Nur leider ist das halt nicht nachweisbar. In jedem Fall empfinde ich das als alles andere als gerecht. Wir haben das geteilte Sorgerecht, also auch die geteilte Sorgepflicht. Wo bleibt sein Teil der Pflichterfüllung dann noch?

Die Hochzeit ist uns wichtig. Wir heiraten schließlich aus Liebe und weil wir uns als Familie vollkommen fühlen möchten. Die Hochzeit wegen dem Unterhaltsvorschuss zu verschieben oder abzusagen, kommt nicht in Frage.

Ich danke dir trotzdem für deine Antwort.

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