Zusammenbrechende Welt bei Partnerverlust - abnormal?

Mein Partner und ich hatten neulich einen ziemlichen Streit, da er mich mit einer - aus meiner Sicht - unsensiblen Aussage verletzt hat und ich (weil er auch sonst sehr kühl ist) daran zweifle, ob er überhaupt annähernd so viel für mich empfindet wie ich für ihn.
Es ging ums Thema Verlust des Partners bspw durch Tod; er meinte kühl: "Naja, das Leben geht weiter, wenn ich tot bin. Ich würde nicht wollen, dass jemand groß trauert."

Ich dachte nur ÄHM WAS?
Für mich würde die Welt zusammenbrechen, ehrlich gesagt. Der Schmerz wäre für mich unaussprechlich und ich würde EWIG brauchen, um darüber hinweg zu kommen.

Ist das nicht normal, wenn man jemanden über alles liebt und ihn täglich um sich hat usw??
Ich war deshalb so verletzt, weil das anscheinend seine grundsätzliche Einstellung zum Thema Partnerverlust ist. Also auch wenn ich sterben würde, würde er nicht mal traurig sein oder wie?! :O

Ich fand das total herzlos und kalt.

Wie seht ihr das?

Wie würde es euch gehen, wenn ihr euren Partner verlieren würdet? (Trennung, Tod).

Danke für eure Meinungen.

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Hey,

also für mich wäre die Vorstellung einer Scheidung auch fast gleichzusetzen mit einem temporären Weltuntergang. Da ich Kinder habe ist mir rational gesehen bewusst der Untergang darf nur temporär sein, emotional gesehen gehe ich aber davon aus wäre ich lebenslang durch mit dem Thema monogame Partnerschaft was nunmal das dauerhafte Ende meiner bisherigen Idealvorstellung und Lebensrealität bedeuten würde.

Würde mein Mann in jungen Jahren jetzt versterben (ich kann mir das nicht mal vorstellen) würde, ziemlich sicher aufgrund der Kinder ein Urinstinkt anspringen und ich wäre erst mal voll und ganz auf Existenzerhaltung und Verwaltungsaufgaben konzentriert bis ich dann in eine vermutlich niemals endende Traurigkeit über unseren Vermust versinken würde. Vielleicht würde die Zeit in der es so weh tut, dass man daran zweifelt ob es sich wirklich noch zu leben lohnt nicht all zu lange anhalten oder nur in einsamen, kinderfreien Momenten ausgelebt werden können. Aber einfach zu sagen ja das Leben geht weiter kommt mir auch definitiv sehr unempathisch vor. Allerdings könnte man im entferntesten Sinne schon sagen, ja das Leben geht weiter nur wird es eben nie mehr wie zuvor und man trägt lebenslang einen großen Verlust mit sich herum..

Liebe Grüße

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Dass das Leben nach einem schweren Verlust nie wieder so ist wie vorher, ist automatisch so. Ein Stück fehlt immer - und die Stücke werden im Lauf des Lebens immer mehr, die Lücken schließen sich nicht. Ich habe dann aber nur die Entscheidung, ein lebenslanger Therapiefall zu werden oder irgendwann wirklich "aufstehen, Krönchen richten...weitermachen". Das ist nicht unempathisch sondern nackter Überlebenswille.
2014/15 habe ich zuerst meine liebste Freundin durch Tod verloren, dann meinen Mann und wenige Wochen nach seinem Tod hat mein Sohn/die Schwiegertochter mit Kind den Kontakt zur ganzen Familie abgebrochen, das heißt, von meiner engsten Familie fehlte von heute auf morgen mehr als die Hälfte, da fiel ich echt ins Bodenlose. Meinen Sohn sah ich seit 6 1/2 Jahren nicht mehr, obwohl er nur 15 Autominuten entfernt wohnt, mein Enkel weiß nicht mal von mir.
Da braucht man wirklich Jahre, um es zu akzeptieren. Das ist schwieriger, als wenn jemand stirbt.
Trotzdem "muss das Leben weitergehen" - denn ich habe Gottseidank noch einige andere liebe Menschen.
LG Moni

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Du kannst nicht zur Arbeit weil ihr euch streitet? Also das find ich tatsächlich nicht normal. Es gibt nunmal unterschiedliche Charaktere und du bist ein extrem und er das andere. Er weint nie und du weinst bei jedem Schritt und kannst nicht arbeiten wenn was passiert. Er ist sehr kühl und du extrem emotional. Ihr könntet euch so sehr gut ergänzen solange keiner versucht den anderen zu ändern. Akzeptiert euch gegenseitig, auch seine Empfindung über einen verlust ist richtig, genauso wie deine.

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Nein, nicht wenn wir uns streiten, sondern es war das Ende der Beziehung. Da war ich zu gar nichts mehr fähig.

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Als wir unsere Beziehung schon einmal so gut wie beendet hatten, war ich fertig mit der Welt, ich habe so viel geweint wie fast noch nie in meinem Leben, konnte nicht arbeiten gehen und habe bei jedem Schritt geweint. Er hingegen keine einzige Träne.

Auch das finde ich extrem kalt….. :-(

(Habe ihn in 4 Jahren kein einziges Mal weinen sehen, er weint generell nicht, sagt er.)

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Hast du dir überlegt, daß er womöglich aus Selbstschutz für sich diese Einstellung gewonnen hat? Vielleicht könntest du dir eine Scheibe davon abschneiden, damit du in Krisensituationen nicht dermaßen zusammenbrichst.
Sieh auch die Vorteile von einer Partnerschaft wie bei euch: Er ist dein rationaler Anker, wenn es bei dir emotional schon lange brennt. Besonders wichtig, wenn man gemeinsame Kinder hat. Jemand muss einfach kühlen Kopf bewahren können.

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Die Aussage finde ich doch komplett in Ordnung. Ich würde auch nicht wollen dass Menschen die ich liebe um mich trauern. Das heißt nicht dass ich nicht sicher bin dass ich komplett traurig wäre wenn mein Partner stirbt aber den Gedanken dran dass er den selben Schmerz erleiden muss, finde ich viel schlimmer. Mehr liebe kann man als Mensch doch nicht empfinden als dass man sich für seine lieben wünscht dass sie glücklich sind und schnell über den verlust hinwegkommen.

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Ich habe meinen Mann durch Tod verloren - und ich habe in seinen letzten Wochen meinen Herrgott darum gebeten, ihn zu sich zu holen. Sein Leben war nur noch Schmerzen und kein Leben mehr.
Deine Einstellung trifft sicher zu, wenn ein Mensch jung und plötzlich stirbt - und trotzdem muss z.B. eine Mama mit Kindern zusehen, wie das Leben weitergeht.
Trauerphasen müssen durchlebt werden und ich war auch Monate wie im Nebel, nicht zuletzt weil auch noch andere vollkommen unerwartete Verluste dazukamen, aber es musste tatsächlich auch weitergehen.
Nicht arbeiten zu gehen nur wegen eines Streits ist mir echt zuviel Drama.
Meinen Mann habe ich nur selten mit feuchten Augen gesehen und mit Riesenemotionen konnte er selten aufwarten, deswegen wusste ich trotzdem, dass er mich liebt und dass er ein sehr gefühlvoller Mann war.

Übrigens.....die Männer/Frauen, die am Friedhof am schlimmsten "zusammenbrachen" und ihr Leid lange öffentlich lebten, hatten am schnellsten wieder einen neuen Partner - habe ich x-fach erlebt im Leben. Zwei Gräber neben meinem Mann ist das Grab eines mir bekannten Mannes, wo die Frau nach wenigen Monaten händchenhaltend mit dem nächsten unterwegs war. Bei der Beisetzung ihres Mannes mussten sie mehrere Leute stützen und sie heulte ständig laut "ich will zu dir, ich will zu dir...."
LG Moni

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Spannend, dein letzter Absatz 😏. Muss nicht auf die TE zutreffen, aber auch ich beobachte das Phänomen oft, daß die 'gefühlvollsten' Leute teilweise unglaublich schnell zum nächsten Partner springen können. Und diejenigen, die im Alltag cool tun wie der Partner der TE, könnten total zusammenbrechen.

LG

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da muss ich dir recht geben, und wenn der Partner an einer langen Krankheit starb, hatten sie meist schon einen im Hintergrund in der Warteschleife

Ausserdem ändert es nichts rumzuheulen.
Ich habe die letzten traurigen Tränen an der Beerdigung meines Grosvaters geweint und die letzten Freudentränen an der Hochzeit unseres jüngsten Sohnes.
weshalb weint man sonst? um Mitleid zu erregen, ich möchte kein Mitleid.

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Ich gehe davon aus, dass ich unendlich traurig wäre, wenn mein Mann sterben würde. Noch mehr, weil wir bald zu viert sind. Umgekehrt müsste das Leben aber irgendwie weitergehen, grade wegen der Kinder. Nur weil jemand nicht für Ewigkeiten in Trauer lebt, hat er nicht weniger geliebt. Jeder verarbeitet das anders. Ihr zwei seid halt extreme Gegensätze. Ich bin auch näher am Wasser gebaut. Meinen Mann hingegen habe ich nur zweimal mit Tränen in den Augen gesehen. Richtig geweint hat er noch nie. Es gab aber auch keine extremen Anlässe. Ich weiß, dass er mich liebt, deshalb muss er nicht weinen.
Man muss auch dazu sagen, dass es sehr viele Männer so erzogen wurden, nicht zu weinen. Das kann man ihm erst recht nicht zum Vorwurf machen.

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Jede Beziehung endet irgendwann, wir sind alle nicht unsterblich. Trauern ist normal, aber ich würde nicht behaupten das die Intensität der gelebten Trauer ein Maßstab dafür ist wir groß die Liebe ist/war.

Es gibt Menschen die sehr abhängig vom Partner sind. Für die bricht natürlich eine ganze Welt zusammen.

An deiner Stelle würde ich mir aber über sowas keine Gedanken machen, ich finde deine Reaktion ein bisschen drüber.

Wie man reagiert wenn der eigene Partner plötzlich verstirbt kann eigentlich niemand wissen der nicht in der Situation war. Also ist das ein höchst spekulatives Gespräch..wegen sowas braucht man sich nicht ärgern oder aufregen.

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Natürlich wäre er traurig wenn du stirbst.
Du kannst dein eigenes Empfinden und deine Reaktion aber nicht automatisch als "normal" für jeden Menschen annehmen. Es gibt kein "normal" weil wir alle unterschiedliche Charaktere sind, unterschiedlich erzogen, unterschiedlich vom Leben geprägt.
Aus deinem Text lese ich ein kleines Ungleichgewicht heraus, ich habe den Eindruck du klammerst dich sehr an ihn während er eigentlich versucht, auch noch ein eigenständiger Mensch zu bleiben.
Ich denke, du musst aufpassen, dass du da nicht in eine Abhängigkeit rutscht.
Beziehungen funktionieren nur dann auf Dauer gut, wenn man den anderen 1. nicht ändern will und 2. sich selbst nicht verliert.