Kulturprobleme zw Jung und Alt wenn Kinder im Spiel sind

Hallöchen zusammen,

blöder Titel, mir ist jedoch nichts anderes eingefallen :(

Vorgeschichte - ich kam nach Deu mit 7 Jahren, mit meinen Eltern und Großeltern als Flüchtlinge aus einem sehr armen Land. Wir haben uns hier recht gut integriert. Ich - komplett. Meine Eltern und Großeltern wenigstens nach Außen. Innerhalb der Familie wird die ursprüngliche Kultur gelebt und zelebriert.

Mein Mann hat eine sehr ähnliche Geschichte, kann daher sowohl mich, als auch meine Ursprungsfamilie verstehen. Steht aber immer hinter mir.

Meine Mama wurde von ihrer Oma großgezogen, da ihre Mama, viel arbeiten war. Ich wurde dementsprechend auch von meiner Oma großgezogen und meine Mama/mein Papa haben vor dem Umzug sehr viel gearbeitet (Doppelschichten, oder zwei Jobs parallel).
Hier in Deu hat sich nicht viel geändert, obwohl meine Eltern Zeit gehabt hätten, sich um mich zu kümmern. Es war nun mal so üblich, dass Oma immer da ist. Am meisten haben sich meine Großeltern um mich gekümmert.

Dazu kommt noch die starr hierarchische Struktur: Die Älteren haben immer das Sagen, die Jungeren folgen.

Ich habe mich aber mit Mitte 20 "losgerissen". Hab studiert, was ich wollte, bin unter Protest parallel zum Studium arbeiten gegangen, bin ausgezogen und habe ohne einen Mann erst mal allein gelebt (was sich für eine Frau nicht gehört), etc.

Nun haben wir hier ein Kind. (inzwischen 2 Jahre alt)

Und jetzt gehen alle auf mich und meinen Mann los: Die Oma soll sich um's Kind kümmern,Oma soll über über alles bestimmen, (Es fing schon damit an, welchen Kinderwagen wir nehmen sollten, welcher Kindergarten ist der beste, Laufrad, Dreirad, was Kind essen soll, Schlaf...).

Natürlich lassen wir die Oma und Uroma reden, nicken freundlich und "rechts rein, links raus". Sie sind so wie sie sind. Wir können sie nicht verändern... Sie lieben unsere Maus abgöttisch und die Maus ist gerne bei ihnen. Aber manchmal ist es wirklich anstrengend.

Heute ist es etwas "ausgeartet".

Es war ein großes Zusammenkommen heute: Meine Eltern und meine Oma (mein Opa ist schon verstorben), meine Cousine (die Tante ist gerade für paar Wochen in der Heimat, sonst wäre sie auch da), mein Mann und unsere Maus. Wir sind nicht religiös, aber da sowieso Feiertage, keine anderen Unternehmungen, etc...

Die Maus isst gerne selbstständig. Mit zwei ja auch normal. Und sie kleckert sich gerne voll, Auch normal :D Sie ist ja erst 2. Aber meine Mama wollte sie unbedingt füttern. Die kleine Dame hat sich aufgeregt und darauf bestanden selbst zu essen. Ich habe geschmunzelt. Später wurde ich irgendwann zur Seite genommen von meiner Mama und Oma und ordentlich runter gemacht. Mir wurde unterstellt, die Älteren in der Familie nicht zu respektieren ( das ist normal, kenn ich schon seit ich denken kann) und nun auch noch meine Tochter so zu erziehen, dass sie vor niemandem Respekt hat. Meine Oma hat zusätzlich meine Mama runtergemacht und erklärt, sie in ihrer Oma-Rolle ist dafür verantwortlich, dass dem Kind Tischmanieren beigebracht werden und mir zu erklären, dass ich Oma in der Erziehung unterstützen muss. Und überhaupt, was soll aus meiner Tochter werden, wenn ich es ihr vorlebe, dass man die Oma ignorieren darf. Es wurde nicht geschrien, nicht gemotzt. Sie waren beide einfach nur traurig. Meine Oma und meine Mama meinten, es wäre meine Aufgabe als Mutter, meine zweijährige Tochter zu besänftigen, so dass sie sich von Oma entweder füttern lässt oder sich irgendwie helfen lässt, damit ihre Kleidung nicht dreckig wird. Ich war recht ruhig und wollte gerade erklären, dass wir da entspannt sind. Es ist nicht unsere Erwartungshaltung, dass ein Kleinkind mit 2 schon ordentlich essen kann. Jedoch wurde ich unterbrochen und mir wurden noch mehrere Situationen aufgezeigt.

Es ging im Endeffekt nicht darum, was meine Tochter alles so anstellt, sondern darum, dass ich sie machen lasse und meine Mutter davon abhalte, sich einzumischen (Ich erlaube meiner Maus selbst zu entscheiden, ob sie Rock oder Hosen anzieht, sie darf entscheiden ob sie Laufrad nimmt oder doch den Buggy möchte, ...) Der Fokus lag darin, dass ich ihr nicht beibringe auf Oma zu hören und generell "nur meine dickköpfige und sture Art" vorlebe. Meine Mama sei nun todtrairig, sie hatte sich so darauf gefreut Oma zu sein und ich mache es ihr kaputt. Ich wurde sehr bestimmt darauf hingewiesen, dass immer die Omas für die Erziehung der Kinder zuständig waren und mir wurde erklärt, dass es mit meiner Tochter und mir nun gewaltig falsch läuft. Mein Mann und ich sollen uns schleunigst einkriegen...

Meine Cousine hat unser Gespräch irgendwann mitgekriegt, aber nicht eingemischt. Immer wieder die Augen verdreht und mir bei Gelegenheit aufmunternde Blicke zugeworfen. Sie ist 7 Jahre junger als ich, überzeugte Single... Mein Mann kam irgendwann dazu und hat versucht was zu sagen, aber wir haben bemerkt, dass es nix bringt. Gab es nicht mal nen weisen Spruch zum Thema dem Blinden die Farben erklären?! :D

Früher hat es recht gut geklappt mit "Reden lassen, aber so handeln, wie ich es für richtig halte".
Aber heute ist mir klar geworden, wie tief das Problem steckt. Irgendwann wird meine Kleine mehr verstehen und ... keine Ahnung - Fragen stellen? Erst recht bockig sein in Augen der älteren Damen? oder sich beugen müssen, nur damit sie kein Liebesentzug spüren muss?

Mein Mann hat hier niemanden, seine Familie ist zurück in die Heimat gegangen, als er fertig studiert hat und mit beiden Beinen fest im Leben stand.

Wir können meine Familie mit gewissem Abstand "aushalten". Aber es wird immer schwieriger.
Sie sind herzensgute Menschen, die jedoch anders denken und anders fühlen. Das macht uns oft ratlos.
Reden bringt nur Streit.

Nun liege ich schlaflos da und zum ersten mal klappt es nicht mit "einfach reden lassen". Als ich junger war, war es einfach. Ich wusste was ich will und habe es einfach gemacht. Keine Ahnung, woher die Kraft kam. Ich glaube, einfach weil ich viele deutsche Freunde hatte und gesehen habe, dass es ganz normal ist, und ich nun mal mein Weg gehen darf, egal aus meine Heimatkultur mir sagt. Aber jetzt wo es zusätzlich um jemand anderen geht, jetzt wo ich den Ausmaß nach und nach begreife :(

Kennt jemand solche Situationen? Lebt noch jemand so zwischen zwei Kulturen? Wie schafft ihr das?

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Ich habe das Problem so nicht, aber jahrelang in der interkulturellen Familienberatung gearbeitet.

Es kommt leider in solchen Fällen sehr oft vor, dass es innerhalb der Familien zu Konflikten kommt, wenn die Jüngeren in einem Land oder einer Umgebung aufwachsen, die ihnen aufzeigt, dass es verschiedenste Modelle der Lebensführung gibt, die man frei und individuell wählen kann. Du wurdest sozialisiert und hast angenommen, was dir gut getan hat und Aspekte von hier und vielleicht aus dem Ursprungsland deiner Familie übernommen. Deiner Familie ist das nicht gelungen, sie haben sich an die "alten Regeln" geklammert und ihre Erwartungen daran geknüpft, selbst als sie gesehen haben, dass es auch anders geht.

Natürlich ist deine Mutter traurig, ganz nüchtern betrachtet hat sie es verpasst Mutter zu sein und sieht sich nun als betrogen um diesen Lebensabschnitt, der ihr versagt bleibt, weil du anders lebst und ihr nicht den Raum gibst, der ihr vorschwebt. Aber, das ist, so gemein es klingt, nicht dein Problem.
Du kannst natürlich deine Individualität und in gewisser Weise auch dein Kind aufgeben um deine Familie zufriedenzustellen, aber so lernt deine Tochter nicht die Werte, die du ihr bestimmt mitgeben willst, nämlich das sie immer eine Wahl hat, sie zu sein. Arbeitend, Mutter, verheiratet, Single etc. wie sie möchte. Wenn du diesen Konflikt nicht austrägst, verlierst du dich und gibst die Probleme an ihre Generation weiter, so wie diese Lebensart seit langem weitergereicht wird.

Letztlich musst du nichts, Kultur ist niemals eine Verpflichtung, aber um sie zu wissen, hilft dir zu verstehen, warum deine Familie wie denkt. Viele Missverstehen den Begriff "Kultursensibilität", es bedeutet nicht sich zu vergessen und das andere anzunehmen (merkt man leider häufig bei interkulturellen Beziehungen), sondern die Mechanismen hinter dem Verhalten zuzuordnen und rational bewerten zu können.

Veränderung und Fortschritt passiert nur, wenn man alte Strukturen hinterfragt, überarbeitet und sie im stetigen Wandel betrachtet und prüft. Du willst Mutter sein, dann sei Mutter. Deine Familie hat es in vielen Jahren nicht geschafft andere Sichtweisen anzunehmen und wurde nun "überholt".
Das passiert leider, aber Ungerechtigkeiten und Zwang werden von jenen weitergegeben, die sie selbst erlebt und nie hinterfragt haben. Sie klammern sich an das Bekannte. Du nimmst ihnen das. Aber du musst verstehen, dass du das darfst. Dein Mann und du schaffen die Regeln und Traditionen für eure kleine Familie und deine Tochter wird dies irgendwann mit ihrem Partner oder Partnerin tun.

Lass deine Mutter Oma sei, bleib im Austausch, aber lass dir kein schlechtes Gewissen machen. Gibt deiner Tochter und auch dir die Möglichkeit die Frauen zu werden, die ihr sein wollt. Du entscheidest. Nicht deine Familie.

Bearbeitet von helofniflheim
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Kann ich 1000 Herzen für diesen Beitrag geben?

Das warum ist auf den Punkt, ich glaube, im wie liegt die zu knackende Nuss noch.
Wir haben Konflikte darum, wer an unserem Kind den Beat angibt ohne kulturelle Komponente. Ich kann also nur teilweise mitreden. Aber was bei uns ganz ganz wichtig war war, dass wir uns aus diesem Eskalations- und Anklagezyklus gelöst haben.
Du hast ein Recht darauf, die Dinge so zu sehen und zu gestalten wie ihr es für eure Familie braucht. Deine Familie hat ein Recht darauf, enttäuscht zu sein. Was nicht geht, ist der Druck und das exzessive „Grillen“, was du oben so beklemmend, ja wirklich auch beim blossen lesen beklemmend beschreibst.
„Agree to disagree“ würde ich hier fahren. Und solch ein Gericht halten nicht mehr zulassen. Wie, da weisst du besser was die weniger explosive Komposition ist. Vielleicht haben Männer in der Kultur deiner Familie so einen Stand, dass dein Mann ein Machtwort sprechen und die Diskussion abwürgen kann. Vielleicht müsst ihr das Familienfest vorzeitig verlassen, wenn sowas losgeht. Sicher auch nicht nur einmal, sondern mehrmals.
Ich halte es jedenfalls für ganz ganz wichtig dass ihr nicht in diese sinnlose, beklemmende Anklagesituation rutscht, in der sich alles hochschaukelt und über dick gerockt gehalten wird. Erfahrungsgemäss kriegst du sie auch fast nicht mehr eingefangen, wenn sie sich mal in Rage geredet haben. Früh, deutlich und so sanft und liebevoll als dabei noch möglich bremsen…

Wir wohnen - by accident - sehr weit weg vom kontrollsüchtigen Part der Familie. Das kondensiert Szenen auf wenige Male im Jahr. Wären wir näher dran, es würde viel viel mehr knallen. Auch zeitliche und räumliche Entfernung schaffen Ruhe. Was letztlich doppelt bitter ist, denn sie wollen sich ja einbringen. Ich wünsch dir dass ihr den Tanz auf dem Vulkankrater ohne Distanzierung schafft.

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Toller Beitrag

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Das klingt sehr anstrengend und ist definitiv kein Dauerzustand.

Du/Ihr müsst Regeln und Grenzen setzen und daran festhalten!
Deine Eltern/Verwandten müssen verstehen und lernen das ihr anders lebt. Nur weil man etwas X Jahre so gemacht hat, heißt es nicht, dass man es nicht auch anders machen kann.

Ihr müsst jetzt stark sein und für euch einstehen!
Redet Klartext und Positioniert euch. Drüber hinwegsehen nach dem Motto "rechts rein, links raus" wird es nur noch schlimmer machen! Dieser "Kulturkonflikt" wird sich früher oder später auf eure Tochter übertragen.

Gute Nerven! 🍀

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Guten Morgen!
Mein Mann kommt aus Osteuropa und in seiner Familie ist es überwiegend sehr üblich, dass die Oma sehr in den Alltag eingebunden ist sobald Kinder da sind. Bei Teilen der Verwandtschaft ist die Oma wirklich täglich anwesend oder das Kind wird schon früh und regelmäßig bei der Oma abgegeben.
Für uns war aber immer klar, dass das nicht unsere Art ist, unseren Alltag zu gestalten und wir uns selbst um unser Kind kümmern wollen. Außerdem hat meine Schwiegermutter eine sehr anstrengende Art und weder mein Mann noch ich würden sie dermaßen oft um uns haben wollen.

Am Anfang hat das schon zu einigen Konflikten geführt. Meine Schwiegermutter ist ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass sie unser Kind fast täglich sieht und betreut (vorher war der Kontakt so 1x alle 2 Wochen zum Kaffee trinken) und war dann enttäuscht, dass wir andere Vorstellungen hatten. Da wurde dann richtiger Psycho-Druck veranstaltet, ständig ein schlechtes Gewissen gemacht, spitze Bemerkungen bei jedem Besuch und es wurden sogar andere Familienangehörige eingespannt, die uns ins Gewissen reden und Druck machen sollten.

Da half letztendlich nur, dass mein Mann dann schließlich nach fast einem Jahr mal richtig auf den Tisch gehauen hat und klargestellt hat, dass es nicht so laufen wird wie sie es sich erträumt hat. Seit dem ist Ruhe, auch wenn man natürlich schon noch ab und an mal merkt, dass sie sich das alles anders vorgestellt hat.

IHR seid die Eltern und IHR entscheidet, wie euer Kind erzogen wird und von wem. Nur weil die Generationen vor euch etwas gemacht haben, heißt es nicht, dass ihr alles so übernehmen müsst. Zeigt da unbedingt klare Kante, es lohnt sich, auch wenn manch einer aus der Familie erstmal vor den Kopf gestoßen ist.

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Tja, da hat deine Oma und deine Mutter wohl ordentlich die Erziehung vergeigt, du spurst ja gar nicht 😜😂 können sich den Schuh, dass es jetzt nicht läuft wie gewünscht, doch schön selber anziehen 🤪

Spaß beiseite. Ich denke, du musst klare Grenzen setzen. Du musst nicht auf Verständnis hoffen und natürlich wird deine Familie immer „enttäuscht“ sein, dass du einen anderen Weg einschlägst. Trotzdem musst du nichts ändern!

Du schaust nämlich nach dem Bedürfnis deines Kindes und nicht nach 2 erwachsenen Personen, die das eben eigentlich nicht mehr nötig haben. Das ist okay!

Sag deutlich, was du möchtest und ja, dann bist du halt dickköpfig und machst alles „falsch“, aber du sagst eben auch deutlich, dass du das nicht zu ändern gedenkst. Du bist erwachsen!

Wenn du irgendwann merkst, dass deine Tochter unter dem Verhältnis leidet, schreitest du selbstverständlich ein und schützt sie. Das kannst du, wenn du willst, jetzt schon tun, aber du kannst auch abwarten, wie es sich entwickelt und ob deine Familie zu ihr wirklich genauso hart ist, wie zu dir und Liebesentzug als Strafe nimmt oder Ähnliches.

Ich würde also akzeptieren, dass sie deinen Weg eben nicht gut finden und trotzdem deutlich sagen, dass du ihn weiter gehen wirst.

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Och, das ist kein richtiges Kulturproblem, das ist ein Generationenproblem....aus meiner Sicht.

Ich musste gerade echt schmunzeln, was da beschreibst habe ich auch als Kind oft erlebt. Inkl. das sich dann auch noch Oma und Mutter in die Köppe bekommen. Und ja, auch noch als die Kinder meines Bruders klein waren.

Ich denke nicht, das du da so rangehen solltest, wie hier immer propagiert wird. "Mein Kind, meine Regeln" wird nicht funktionieren. Kontaktabbruch ist ja auch nicht dein Ziel, oder?

Richtig, du hast dich "freigeschaufelt" und jetzt musst du das alles noch mal für deine Tochter mitmachen. Auch das deine eigene Strategie jetzt nicht mehr klappt, weil es jetzt ja um dein eigenes Kind und nicht mehr um dich geht. Da ist was dran.

Und ja, vermutlich wird deine Tochter keinen echten Respekt vor den beiden haben. So war es bei mir. Wer meine Mama doof anmachte, mit dem wollte ich auch nichts zu tun haben. Diese fiesen Schwingungen waren für mich deutlich spürbar, lange bevor ich überhaupt wusste, was Respekt eigentlich bedeutet. Die eine Oma hat bei mir nie einen Fuß in die Tür bekommen und daran war sie selber schuld, nicht meine Mutter. Die Oma hat das natürlich ganz anders gesehen, logisch.

Wenn du bock hast dir die Mühe zu machen, dann drösel mal die einzelnen Szenarien auf und sprich sie außerhalb der Situationen an, ohne deinen eigenen "dagegen" Impuls. Gerade die Situation mit dem eigenständigen Essen bietet sehr viel potenzial für neutrale Gespräche. Denn bedenke, wer selber einen Mangel erlebt hat, ihn noch ganz bewußt in der Erinnerung hat, der geht komplett anders mit Lebensmitteln um. Es geht ihnen also nicht wirklich darum, das dein Kind noch nicht "vernünftig" essen kann, sondern eher darum wie es mit den Lebensmitteln umgeht. "Mit dem Essen spielen" ist eben für sie schrecklich mit anzuschauen, sie sehen nicht das, was wir da sehen. Sie können nicht greifen, warum du das zulässt. Du kannst zB mti der Oma über damals ins Gespräch gehen, bevor sie ihre heimat verließ, anerkennen das das sicherlich schwer für sie anzuschauen ist und ja, ein wenig laut nachdenken, wieso man das jetzt ganz anders angeht. Ich schwöre dir, niemand würde hier seine Kinder mit Essen spielen lassen, wenn einer von uns wirklich eine schlechte Lebenmittelversorgung richtig durchlebt hätte und die Verantwortung hatte, die Familie satt zu bekommen. Das ist Luxus, wie wir es machen, purer Luxus.....und den hast du wiederum deinen Eltern und der Oma zu verdanken, denn sie haben dafür gesorgt, das du hier und nicht in der Heimat aufwachsen konntest. Und "hier" bedeutet nun mal häufig eine andere Sicht der Dinge, wenn hier heute keine Lebensmittel verschwendet werden, dann ist das "nachhaltig", keine hat da zeiten im Kopf, wo es keine Lebensmittel gab, keiner hier hat jemals erlebt was eine schlechte Lebensmittelversorgung bedeutet.

Die Kombiantion, aus Anerkennung der Vergangenheit, Respekt wie sie das damals hinbekommen haben, Dankbarkeit für die eigenen (besseren) Chancen und Glück, das dein Kind all das nicht erleben muß. Das könnte der Schlüssel sein. Wir sind alle Kinder unserer eigenen Zeit, ob wir wollen oder nicht.

Erziehung wandelt sich, das wird es auch in Zukunft tun. Du bist das Zwischenglied zwischen Vergangenheit und Zukunft, das ist jetzt deine Position, die du nutzen kannst und eben auch eine neue Rolle in deinem Leben.

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Sehr schön beschrieben!

Und an die TE möchte ich hinzufügen:
Choose your battles.

Die Schreiber oben haben völlig Recht. Du entscheidest, dass du deine Tochter selbst betreust - und dass deine Mutter ihr eigenes Kind der Oma gegeben hat und damit die Erziehungszeit verpasst ist zwar tragisch, aber weder deine Schuld noch dein Problem.

Allerdings ist dein Kind noch sehr klein und es wird sicher Szenen geben, in denen du dein Kind verteidigen musst, weil es das braucht.

Beim Essen hat man im Kleinkindalter in der Regel noch Einfluss darauf, ob das Kind selbst isst oder gefüttert wird. Und kein Kind nimmt Schaden, weil es bei Oma eben mal ausnahmsweise gefüttert wird. Oder nur einen Teil selbst isst...
Wir waren auch Fraktion "selber essen und Fingerfood". Und rückblickend ist es mir echt peinlich, wie wir da mal auf einer Fähre herumgekleckert haben... ok, wir haben hinterher einigermaßen sauber gemacht. Aber was für uns als Neu-Eltern normal war, sah bestimmt nicht schön aus beim Zugucken.

Du siehst Probleme kommen und du hast sicher Recht.
Aber ich glaube nicht, dass du dich irgendwie besser durchsetzen kannst, wenn du es jetzt bei vergleichsweise harmlosen Dingen eskalieren lässt.

Das ist natürlich eine Schwierigkeit: bei solchen Knackpunkten immer überlegen: wie wichtig ist mir das? Muss das so sein oder kann ich der Oma entgegen kommen? Gibt es Kompromisse (z.b.: Oma darf Kartoffelpüree füttern aber das Schnitzel wird selbst aufgepickt...)
Wichtig: nicht erst widersprechen und dann doch nachgeben! Damit öffnest du ja Tür und Tor für weitere Foderungen.
Aber nicht aus allem eine Grundsatzdiskussion machen, solange es dem Kind keinen Schaden zufügt. Es gibt bestimmt noch viele Dinge, die die Oma für und mit dem Kind machen kann - wäge gut ab, was du unterbindest und wo du der Oma doch entgegen kommst. Lass sie lieber jetzt ein paar Dinge machen (füttern, Pullover nähen, Schuhe zubinden, etc) und greif ein, wenn deine Tochter älter ist und deine Hilfe stärker braucht.
Verstehst du, was ich meine?

LG

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Tatsächlich lasse ich die Oma bzw beide Omas machen, wenn die Maus sie machen lässt. Oh man, klingt doof, aber ich kann es nicht anders beschreiben. Ich lasse meinem Kind so viel Freiraum, wie ich zutraue. Z.b zu welchem Spielplatz wir gehen, wenn es mir persönlich wurscht ist, ob sie gelbe oder rosa Jacke anzieht, ob laufrad oder buggy etc.

Hätte Oma geschafft die kleine zu überreden, dass sie sich füttern lässt, wär das ok. Aber ich wollte nicht auf sie einreden, nur damit Oma glücklich ist.

Wenn Oma ihr Kleidchen aufzwingt - als Beispiel - mische ich mich auch nicht ein. Wenn es klappt, dann klappt es, und wir haben hier ne kleine Prinzessin, wenn die Maus sich durchsetzt und Hosen nanbehalten will, dann erlaube ich das genauso. Die Oma ist dann zwar verzweifelt und jammert über Sturrheit...

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<<<Die kleine Dame hat sich aufgeregt und darauf bestanden selbst zu essen. Ich habe geschmunzelt. Später wurde ich irgendwann zur Seite genommen von meiner Mama und Oma und ordentlich runter gemacht. Mir wurde unterstellt, die Älteren in der Familie nicht zu respektieren ( das ist normal, kenn ich schon seit ich denken kann) und nun auch noch meine Tochter so zu erziehen, dass sie vor niemandem Respekt hat.<<<

Liebe TE,

das hätte mal meine Oma oder meine Mutter zu mir sagen sollen, den hätte ich den Marsch geblasen. Das hat ist in meinen Augen Respektlosigkeit gegenüber mir und meinem Kind zu tun. Da hätte ich ganz freundlich gesagt: Ihr könnt gerne eure Ansichten haben. Aber nicht mit mir, meine Tochter isst bitte alleine. Und ich lasse mir hier von euch nicht herunterputzen.
Man kann auch normal mit mir sprechen.Punkt.

Kulturprobleme hin oder her, das geht überhaupt nicht. Hier ist Respekt auf Augenhöhe angesagt..

LG Hinzwife

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Aber so Marsch blasen führt doch nur zu Streit, Geschrei und Tränen. Ah... bin ratlos

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Ich meine den Marsch blasen einfach nur mal die Meinung sagen, dass das so nicht geht. Sich das einfach nicht gefallen lassen. Punkt

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Deine Familie hat dich in ein Land gebracht, in dem es anders läuft und nun wundern sie sich warum du für dich das Beste mitnimmst?
Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz.

Ich kann mir bei beiden Frauen nicht vorstellen, dass sie es genossen haben unter der Fuchtel der älteren Generation zu leben. Beide wissen haargenau wie furchtbar das ist.
Hast du darüber mal mit ihnen gesprochen?

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Haha... ich sehe das. Dieser Gedanke, dass ich nun die Chance habe, das Beste für mich zu nehmen hat mir damals mit mitte 20 auch die Kraft gegeben. Es gab damals weiss Gott wieviele Gespräche, die entweder mit Geschrei oder mit Tränen endeten.

Männer halten sich aus erziehungsfragen ja generell raus. Aber meine Mama und meine Oma sind immer bei ihrer Meinung geblieben, weil sie es nicht anders kannten, mit ihrem Leben irgendwie klar kommen und nicht verstehen, warum ich plötzlich anders leben wollte. Es ging damals darum, wieso ich allein leben will. Ich hätte im Elternhaus bleiben sollen und hätte nur ausziehen dürfen, wenn es einen Mann gäbe, mit dem ich zusammen ziehen will.

Meinen Mann habe ich nur ein Jahr später kennen gelernt, die Große Liebe, ziemlich schnell zusammen ziehen und Hochzeit. Vor ihm haben sie ein fünkchen Respekt, und versuchen ihn weniger zu "bearbeiten". Er ist ja ein Mann.

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Ansätze davon kenne ich auch von meiner deutschen Mutter. Sie versucht noch heute, über meine Kinder (12 und 16) zu bestimmen. Zum Beispiel drückt sie den Kindern ihre Ansichten auf ("na da wirst du ja sicher nicht hinfahren, mit der befreundet sein, diesen Sport wollen, jene Kleidung tragen") oder übergeht ihre Essenswünsche ("wieso nur Wasser, hier trink deinen Kakao. Den hab ich extra gemacht" mit Drama-Unterton in der Stimme). Nachdem ich die Muster so langsam erkannt habe, konnte ich gegensteuern. Es wird langsam besser. Leider zu spät, meine Kinder haben schon zu viele Erfahrungen dieser Art mit der Oma gemacht.

Mich hat das zu einer überangepassten Person gemacht. Ich finde es richtig toll, dass du dich da rausgearbeitet hast! Was die Kinder betrifft - Oma und Uroma werden ihre Reaktion schon bekommen. Meine Kinder lernen bei mir, dass ihre Bedürfnisse zählen. So wie es deine Tochter auch lernt. Demzufolge erkennen sie die Übergriffigkeit der Großmutter und halten Distanz. Ich als Kind hab gar nicht gemerkt, was da läuft. Und ohne es meinen Kindern direkt zu sagen, haben sie es von selbst gespürt. Je mehr die Oma Kontakt suchte (immer nur mit der Masche Übergriffigkeit, weil sie das mit Nähe verwechselt), umso mehr entziehen sich die Enkel.

Wenn du dem sanft zuvorkommen willst, könntest du über Erzählungen von Beispielen aus deinem deutschen Umfeld darauf vorbereiten, dass sich deine Tochter schon wegen dieser Einflüsse nicht wie im Heimatland verhalten wird. Man kann das vielleicht auch zugewandt verpacken "ist schon schwer für alle, die es noch in der Heimat anders gelernt haben und jetzt keine Wahl haben umzusteuern, wenn sie echte Zuneigung von den Enkeln und nicht nur antrainierte Höflichkeit wollen".
Das öfter und mit Beispielen aus dem Umfeld, dann sickert es langsam ein.

Ich hab zu spät damit begonnen, aber es wirkt tatsächlich noch. Eine tolle Oma wollte meine Mutter immer sein, sie wusste nur nicht wie das geht. Sie ist von ihrer Kindheit traumatisiert und es ist es ohne Therapie schwer. So wird es auch deiner Mutter gehen, die dann auch noch ihrer Mutterrolle beraubt wurde. Ein Teufelskreis, aus dem du erstmals seit Jahrhunderten ausbrichst. Das kann gar nicht einfach sein. Ich drück dir die Daumen, dass es ein friedvolles Umsteuern wird.

Bearbeitet von tabea33
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Es wird eine Herausforderung bleiben. Meine Schwägerin ist orthodoxe Jüdin, sie kommt aus Israel, und es sind einfach Welten. Meine Geschwister und ich sind "flexidox", wie einer meiner Brüder es nennt :-D - also schon sehr innerhalb der Religion und den Traditionen verwurzelt, aber trotzdem sehr liberal. Unsere Eltern bedauern das schon, aber es gab da nie Probleme deswegen.

Man merkt auch nach Jahren noch, dass das Leben in einem so westlichen Land wie Deutschland für sie sehr anstrengend und schwierig ist. Es funktionierte früher ohne Kinder noch ganz gut, aber inzwischen gibt es vier kleine Kinder und natürlich den Anspruch, dass sie so aufwachsen, wie sie als Mütter es ihrem Glauben und eigenen Erziehung gemäß für richtig hält. Das will ja jeder von uns. Und wir als ihre Familie grätschen da eben immer voll rein, weil wir - so ehrlich muss man sein - das Beste aus beiden Welten mitnehmen wollen. Das macht ihr Angst und führte zu immer mehr Konflikten.

Letztlich haben wir es für uns so gelöst, dass wir uns in einem gewissen Rahmen anpassen. Wenn meine Nichten und Neffen zu Besuch sind, essen wir koscher...auch wenn das faktisch bedeutet, dass ich einen riesigen Aufwand betreiben muss. Sie wiederum gibt sich sehr Mühe, unseren Lebenswandel nicht als falsch, sondern nur als anders hinzustellen. Sie ist ein wirklich lieber, schüchterner Mensch, dem das wirklich alles nahegeht, also keine störrische "Ich habe aber recht!"-Schwägerin. Das macht es uns auch leicht, ihr da entgegenzukommen, auch wenn es sehr anstrengt und für uns an vielen Stellen unnatürlich ist. Einer meiner Brüder hat es ewig mit Konfrontation und "Umerziehung" versucht, hat sich ständig aufgeregt, weil eben gerade diese Frauen-Männer-Sache schwierig ist. Nach wie vor. Das wird sich auch nicht mehr groß ändern, aber das zu akzeptieren, hat Zeit und Nerven gekostet.

Ich kann dir nur empfehlen genau die Grenzen abzustecken: Was ist für euch okay, was nicht? Wo ist es denkbar, den anderen einfach machen zu lassen und wegzusehen? Kann man ein "bei Oma so, bei uns so" etablieren, damit es für das Kind nachvollziehbar ist? Was sind die Grenzen? Bei uns ist das inzwischen ganz klar, und beide Seiten geben sich viel Mühe. Es wird niemals so werden, dass beide Seiten zu 100% ihr Ding machen können, wenn man weiterhin Kontakt und Frieden will. Am Ende kann eben keiner so wirklich aus seiner Haut, und das muss man auch nicht. Um auf ein Level zu kommen, was meine Geschwister und ich angenehm finden, müsste unsere Schwägerin viel zu viel aufgeben. Das kann man nicht fordern. Und sie kann wiederum von uns nicht verlangen, genau so zu leben, wie sie es richtig findet. Also haben wir einfach ganz genaue Regeln aufgestellt, und damit funktioniert es gut. Es ist manchmal mühsam, keine Frage, und kein Vergleich zu anderen Schwägerinnen, die eben von hier kommen. Aber das ist es einfach wert. Wir mögen sie alle sehr, sie hat so unfassbar viele positive Eigenschaften, sie ist so ein lieber und fürsorglicher Mensch, sie tut uns allen so viel Gutes. Wir werden sie aber nicht ändern und sie uns auch nicht, also schauen wir, was für beide Seiten funktioniert. Und das geht ganz gut, auch wenn man sehr oft denkt "Was für ein Stress" oder "Wäre sie doch nur mal ein bisschen entspannter"...denkt sie aber andersherum auch ;-)

Insofern kann ich dich da nur ermutigen, einen gemeinsamen Weg zu finden statt die Konfrontation zu suchen. Das geht. Es kostet beide Seiten Mühe, aber der Gewinn ist so viel größer als wenn sich die Fronten verhärten.

Bearbeitet von EwigeHerausforderung