Gerade bin ich so genervt von meinem Mann

Hallo!
Ach, irgendwie möchte ich mich nur etwas abreagieren. Schon vor einiger Zeit war ich kurz davor, einen ähnlichen Beitrag zu schreiben, habe es dann aber doch gelassen. Kurz vorweg: Mein Mann ist eigentlich ein toller Ehemann und Vater. Er macht z.B. unglaublich viel im Haushalt und unternimmt an seinem freien Nachmittag in der Woche und am Wochenende viele schöne Dinge mit unseren Kindern. Allerdings sind Schule, Hobbys und Freunde der Kinder eher mein Zuständigkeitsbereich. Da kümmert er sich kaum drum und ich hatte bisher auch den Eindruck, dass es ihm schon ganz recht ist, dass und wie ich mich in dieser Hinsicht kümmere.

Schon seit ein paar Jahren ist er jedoch ständig wegen seiner Eltern gestresst. Sein Vater ist hochgradig dement und lebt mittlerweile im Heim. Wir sorgen beide für seine 89jährige Mutter, die wahnsinnig anstrengend sein kann. Er ist einfach nur noch genervt, wenn er bei seiner Mutter war. Und leider kommt es in letzter Zeit häufiger vor, dass er dann plötzlich aus nichtigen Gründen explodiert und unsere Kinder und ich den ganzen Frust abbekommen. So war es auch heute wieder, nachdem er mit ihr in ihre Heimatstadt gefahren war, um die Gräber ihrer Geschwister zu besuchen. Da waren sie den ganzen Tag unterwegs und beim Abendessen merkte ich schon, dass wir wieder auf einem Pulverfass sitzen.

Unserer großen Tochter fiel beim Abendessen plötzlich ein, dass sie morgen einen Lateintest schreibt und Buch und Heft in der Schule vergessen hat. Sie fragte mich dann, ob ich das Buch zufällig da hätte, damit sie nachher nochmal alles für morgen durchgehen könne. Das reichte, um die Bombe zum Platzen zu bringen. Erstmal bekam sie ihre Abfuhr. Wie kann es denn sein, dass ihr am Sonntagabend einfällt, dass sie am Montag einen Test schreibt? Wie kann sie denn das Buch in der Schule vergessen? Was hätte sie denn gemacht, wenn sie nicht zufällig eine Lateinlehrerin zuhause gehabt hätte? ...

Dann ging es weiter in meine Richtung. Wieso bleiben die Bücher überhaupt in der Schule? Wieso werden die Eltern nicht informiert, wenn ein Test geschrieben wird? Ich würde doch ständig mit den anderen Eltern telefonieren. Wieso kriege ich dann solche wichtigen Informationen nicht mit? Warum sind unsere Kinder überhaupt so unselbständig? Wieso macht unsere kleine Tochter (3.Klasse) immer noch Rechtschreibfehler? Die Hausaufgaben letzte Woche waren völliger Quatsch, was soll man denn da lernen? Wieso sind denn alle Lehrer so unfähig? Warum gehen sie in einer Doppelstunde Schwimmen nur eine halbe Stunde ins Wasser? Warum gehen sie überhaupt Schwimmen? Warum ist der Stundenplan so doof? Die lernen doch heutzutage gar nichts mehr in der Schule, dann Homeschooling, etliche Lehrerwechsel, Klassenlehrerin schwanger und ein halbes Jahr lang Vertretungsunterricht. Alles läuft ja gerade richtig schei... am besten sollten wir sie die Schule wechseln. Warum habe ich denn beim Elternabend letzte Woche nicht mal richtig auf den Tisch gehauen?

Ich weiß schon gar nicht mehr, was da noch alles kam.

Meine Güte, ich bin es so leid. Ich kümmere mich in Sachen Schule seit Jahren um alles. Er war noch nie bei einem Elternabend oder LEG. Er kennt nicht einmal die Namen der Lehrerinnen und Lehrer unserer Kinder. Und heute bekomme ich die volle Dröhnung ab, wie beschissen er alles findet. Und anscheinend bin ich ja auch noch schuld daran.

Naja, und solche Situationen erleben wir hier leider in letzter Zeit häufiger. Es reicht eine Kleinigkeit. In der Situation ist dann nicht mehr mit ihm zu reden. Er steigert sich richtig hinein. Definitiv müssen wir eine Lösung mit meiner Schwiegermutter finden. Die Zusammentreffen mit ihr sind meistens der Nährboden für solche Eskalationen. Aber ich bin echt ratlos.

Liebe Grüße

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Darf ich als erstes sagen dass ihr mir leid tut. Alle, wie ihr da sitzt.
Es ist viel gerade.

Ich lese nicht raus ob du nur mal Dampf ablassen musst oder nach Ideen suchst?
Ich leg dir eine unters Kopfkissen.
Nimm deinen Mann in einem guten Augenblick zur Seite. Sensibilisiere ihn für seine Explosionen. Und dann macht zwei Absprachen. Die eine, klar, seine Mama braucht das nächste Level an Betreuung . Die zweite ist ein Codewort. Und wenn er das hört bricht er mitten im Satz ab und geht aus der Situation.
Ja. Er hat Druck. Aber den kann er nicht und nicht derart filterlos an euch auslassen. Wenn er das weiter macht kriegt er Gegendruck. ZB mehr Aufgaben. Dann managt er die Hausaufgaben. Die Schule. Die Kids. Er macht seine Mama allein. Wer mosert kriegt Verantwortung. Viel Zuckerbrot, aber auch die ich-schau-mir-das-nicht-mehr-an-Peitsche.
Unterbrecht den Zirkel, ihr macht euch sonst darüber noch kaputt.

2

Natürlich sollte eine erwachsener Mensch nicht so reagieren, aber manchmal ist man eben am Limit, steigert sich rein und wird unfair. Besonders wenn es keine Lösung oder Alternative gibt. Denn ich denke Kontaktabbruch zur Mutter ist ja nun wirklich keine reale Option.

Wie wäre es denn, wenn er sich nach solchen Tagen einfach bei euch ausklinken könnte? Besprecht das doch mal außerhalb so einer Situation.

Ich kenne das hier auch, sobald etwas mit seiner Mutter ist oder er machen muß, dann ist er genervt. Meistens reagiert er sich (kommt runter) außerhalb unseres Hauses anders ab und kommt dann erst nach Hause. Hat das nicht gereicht, dann beziehe ich in dem Moment aber auch klar Position und weise ihn in die Schranken. Aber das ist seit unserem Deal (erst beruhigen, dann auf uns treffen) wirklich extrem selten geworden.

Allerdings hat hier auch vorher niemand sein #bla in dem Moment so wirklich ernst genommen.

3

Pflege kann ans Limit bringen.

Ja, er hat kein Recht, euch gegenüber so zu explodieren.
Allerdings merke ich seine Anspannung schon beim Lesen. Ich glaube, es geht ihm nicht um die Schule an sich, sondern darum eine Lösung zu finden, in einer hoffnungslosen Situation.

Bei seinen Eltern kann er nichts lösen. Obwohl er immer mehr gibt, wird es schlimmer. Dazu den Verfall der eigenen Eltern sehen, tut weh.

An euch lässt er es aus, weil er sonst kein Ventil hat. Auf Arbeit kann man gekündigt werden usw. Bei seinen Eltern kann er nicht, weil es nichts bringt.
Schule scheint auch verfahren zu sein, aber weil er da nichts mit zu tun hat, offiziell nichts ändern kann, kann der dort den Druck rauslassen und gleichzeitig von sich wegschieben. Bei den Eltern kann er das nicht.

Probieren würde ich
- dass er nach Besuchen bei seiner Mutter konsequent Me-Zeit nimmt. Eine Stunde durch den Wald spaziert, Fahrrad fährt, auf einem öffentlichen Platz Fußbälle ins Tor kickt. Evtl. auf einem Schrottplatz Zeit buchen, wo er Wut und Frust gesichert rauslassen kann (ob es das wirklich gibt, weiß ich nicht, bisher habe ich nur davon gehört).
Der Druck muss mal raus. Aber nicht an euch!

- Pflegeunterstützung
Es gibt Beratungsstellen, die dafür zuständig sind

1. für die Pflege konkret
2. für die ganzen Unterlagen, finanzielles, bürokratisches, Verantwortung, Verfügungen usw.
3. Seelsorge
4. Beratung für Angehörige
Unterstützungen, Entlastungen etc. für Angehörige

Das mit der Schule IST anstrengend. In eurem Fall scheint es Nebenschauplatz zu sein, weil es "leichter" zu händeln ist, als das eigentliche Riesenpaket, das wirklich dahinter steckt.

4

Ich habe den Anfang gelesen und den Rest nur überflogen. Ich weiß genau wie es deinem Mann geht. Das kennt jeder, der sich um ältere Angehörige kümmert.

Holt euch einen Pflegedienst, wenn ihr den noch nicht habt. Zusätzlich vielleicht eine Kraft auf Mini-Job-Basis, die das Einkaufen übernimmt, sich ein bisschen um die Mutter kümmert usw.

Das ist der Klassiker, den du gerade ansprichst. Die Pflege von älteren Angehörigen ist sehr kräftezehrend und nervenaufreibend. Das ist nichts, was man ohne professionelle Unterstützung wuppen sollte.
Klar, dass die Nerven blank liegen.
Ich habe die Pflege von drei (Ur-)großelternteilen miterlebt und mich teilweise selbst gekümmert. Das ist extrem belastend für alle. Ich habe mit meiner Oma geschimpft, obwohl ich das nicht wollte. Sie hatte beginnende Alzheimer und hat, aus neutraler Sicht, wirklich dumme Sachen gemacht. Es ist schwer, in solchen Situationen gelassen zu bleiben und zu ertragen, dass dieser Mensch, der sich mal um mich gekümmert hat, geistig so abbaut, dass er das nicht mehr alleine hinbekommt oder Dinge macht, wie die Windeln zum trocknen aufhängen um sie dann wieder anzuziehen.

Holt euch Hilfe! Dann wird auch dein Mann wieder gelassener werden.

5

Oh weh. Klingt grade wirklich nach einer anstrengenden Zeit.

Wenn ihr mal einen ruhigeren Abend habt, sprich ihn an! So geht’s nicht weiter, ihr seid keine Blitzableiter! Ich glaube nicht, dass seine Vorwürfe „echt“ sind, sondern wirklich nur Frustabbau! Aber ok ist das trotzdem nicht!

Wenn er wieder anfängt so durchzudrehen, würde ich nur sagen „stopp! Am besten gehst du mal kurz raus frische Luft schnappen, bevor du hier rum wütest!“ also manchmal muss man ausbremsen 😅 ich hoffe, das klappt!

Alles Gute!

6

Ich muss sagen, das Richtung deiner Tochter kennen wir alle sicher und so unrecht hat er gar nicht. Wenn so etwas öfter vorkommt, dann versteh ich es sogar.

Das in deine Richtung war unnötiges Dampfablassen. Ich hoffe, du hast es lediglich mit einem "Bist du fertig?" kommentiert.

Tipps hast du ja schon bekommen. Dein Mann braucht ein anderes Ventil. Soll er joggen gehen, nach einem Treffen mit seiner Mutter und ja, prüft, ob es machbar ist, was er da leistet.

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Hallo!
Hier unten möchte ich einmal insgesamt antworten und euch allen für eure lieben, mitfühlenden und hilfreichen Antworten danken. Gestern habe ich meinem Mann Vorwürfe gemacht, aber jetzt bereue ich es auch schon wieder. Ich kann ihn natürlich verstehen und weiß, dass wir gemeinsam an der Situation arbeiten müssen.

Zuerst zur Situation mit meiner Schwiegermutter. Wir haben zurzeit beide keine Idee, wie wir etwas ändern können, aber es muss dringend etwas geschehen. Sie ist nicht pflegebedürftig. Eigentlich ist sie für ihr Alter noch topfit. Körperpflege und Haushalt schafft sie noch problemlos. Sie hat allerdings ein offenes Bein und manchmal unerträgliche Schmerzen. Deswegen ist sie auch nicht mehr gut zu Fuß und wir übernehmen das Einkaufen und fahren sie zu Arztterminen. Und natürlich besuchen wir sie regelmäßig.
Hauptproblem ist ihre Einsamkeit und fehlende Beschäftigung. Bis vor knapp 3 Jahren hat sie noch meinen Schwiegervater gepflegt. Als er dann im Dezember 2019 ins Heim umziehen musste, fiel diese Aufgabe plötzlich weg. Ihre Freunde und Geschwister sind alle schon verstorben und neue Freundschaften mag sie nicht mehr schließen. Mein Mann ist ein Einzelkind und sie hat nur noch uns. Kurze Zeit nach dem Umzug meines Schwiegervaters ins Heim kam dann noch Corona und Besuchsverbot. Da ist sie, glaube ich, völlig vereinsamt. Auch wir haben damals den persönlichen Kontakt eingestellt, wie es empfohlen wurde, um die Alten zu schützen. Ihre Hausärztin vermutet eine Altersdepression und hat ihr schon eine Überweisung ausgestellt. Sie möchte aber partout keine Therapie machen. In der Hinsicht reden wir gegen eine Wand.

Tja, und wenn ich mir eure Antworten durchlese, habe ich gestern wahrscheinlich nicht optimal reagiert, sondern noch zur Eskalation beigetragen. Nachdem er mit den Vorwürfen gegen unsere Tochter durch war, bin ich mit den Kindern nach oben gegangen. Ich habe dann der Großen das Buch gegeben und sie noch kurz abgefragt. Danach bin ich wieder ins Esszimmer gegangen zum Abräumen und dann ging es gegen mich los. Ja, vielleicht hätte ich einfach nur auf Durchzug stellen sollen, aber ich bin in die Defensive gegangen und habe jede einzelne Frage möglichst sachlich (jedenfalls anfangs, später wurde ich auch lauter) beantwortet. Dabei habe ich das Handeln der Schulen und der Kolleginnen und Kollegen vehement verteidigt und die Diskussion damit vermutlich immer weiter angefacht. Und eigentlich bin ich diese Diskussionen total leid. Ich bin bei meiner Kleinen Elternsprecherin und musste wegen der Schwangerschaft der Klassenlehrerin und damit einhergehend langem Vertretungsunterricht im letzten Schuljahr schon so viel zwischen Schulleiterin und Eltern vermitteln, dass mir die Thematik zu den Ohren heraushängt.

Ich danke euch daher wirklich sehr für die Tipps zur Gesprächsführung in diesen Situationen. Da muss ich auch dringend an mir arbeiten. Da müssen wir beide dran arbeiten.

Liebe Grüße

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Meine Mutter hat eine Alltagshilfe. Mein Bruder und ich wohnen zu weit weg, um sie im Alltag zu unterstützen. Die Dame kommt dreimal die Woche und kümmert sich um Einkauf, Post und Bank und was sonst anfällt. Vor allem unternimmt sie was mit meiner Mutter, liest ihr vor, sie unterhalten sich, malen zusammen etc. Meine Mutter wäre sonst auch sehr einsam. Da meine Mutter eine Pflegestufe hat, bekommt sie einen Entlastungsbetrag. Die Dame hat die entsprechenden Qualifikationen und schreibt Rechnungen, die wir auch über die Steuererklärung geltend machen können.

Ansonsten gibt es oft von Kirchen Besuchsdienste. Oder über die Stadt bzw Gemeinde.

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Hallo! Vielen Dank für deine Antwort. Eine Alltagshelferin klingt gut, jedenfalls für so etwas wie einkaufen u.s.w. Allerdings bin ich jetzt schon etwas skeptisch, ob sie eine "fremde" Person akzeptieren würde. Leider ist sie ziemlich eigen und lässt auch nicht jeden in ihre Wohnung #gruebel. Schwiegervater hatte früher einen Pflegedienst und den hat sie so vergrault, dass der Vertrag gekündigt wurde.
Liebe Grüße!

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Es tut mir leid für euch alle.
Ich verstehe deinen Mann. Ich habe selber sehr anstrengende/kranke Eltern, da bin ich nach ein paar Stunden Kontakt auch einfach nur fertig. Wenn dann Zuhause noch etwas schief geht , dann kommt es da auch zu einer Überreaktion. Natürlich ist es nicht richtig was dein Mann gesagt hat und ich denke in einer ruhigen Minute wird ihn das selber bewusst. Vielleicht würde ihm das helfen, wenn er ein bisschen Ruhe hätte, an Tagen an denen er bei seiner Mutter war.